Dienstag, 7. Dezember 2010

Nobody said it was easy....

...no one ever said it will be this hard ;) ! So nun habe ich es auch. mit fast einem Monat Verspaetungung und voellig uebermuedet geschafft meinen Zwischenbericht zu schreiben. Ich weiss nicht, ob er teilweise zu subjektiv geworden ist, aber es sind ja nunmal meine persoenlichen Erfahrungen!
Fleissige Blogleser kennen meinen Arbeitsalltag und die meisten anderen Informationen aus dem Zwischenbericht auch schon, aber vielleicht interessiert es euch ja trotzdem :).


Erster Zwischenbericht fuer den ICJA:

Nun ist es schon ueber drei Monate her, dass ich Deutschland verlassen habe, um im Projekt “Chicos de la calle” der Salesianos auf der Farm in der Naehe von Ambato zu arbeiten.

In dem Strassenkinderprojekt leben 18 Jungen zwischen 11 und 16 Jahren, eigeteilt in zwei Familien, die jeweils in einem Bungalow wohnen.
In einem vergleichbaren Bungalow wohne auch ich mit einem anderen deutschen Freiwilligen.
Ansonsten leben hier noch der Projektleiter und zwei nationale Freiwillige, die jedoch  jeweils in einer der Familien der Jungen schlafen.
Tagsueber kommen noch ein Psychologe, eine Sozialarbeiterin und zwei Praktikantinnen ins Projekt.

Hier wurde ich direkt voll in den Arbeitsalltag eingespannt. Anfangs waren meine arbeitszeiten von 6.00h morgens bis um 22h abends. Es war sehr kalt, wie im deutschen Winter. Wir hatten nur kalte Duschen und nachts war es trotz Schlafsack, vielen Decken und vielen Klamotten sehr kalt, weil ueber meinem Fenster ein ca 1,5cm grosser Schlitz war, durch den der Wind zog. Es war also eine ganz andere Lebenssituation, als ich es gewohnt war. Trotzdem kann ich nicht behaupten, einen Kulturschock gehabt zu haben. Ich hatte es mir hier kontrastreicher im Vergleich zu Europa vorgestellt.
Generell habe ich mich im Projekt zwar willkommen gefuehlt, mir wurden meine Aufgaben und meine Verantwortung aber erst im Laufe der ersten Wochen klar, es fehlte also ein wenig an einer Einfuehrung.
Mittlerweile haben sich auch meine Arbeitszeiten geandert, es gibt warmes Wasser und mein Fenster wurde abgedichtet.

Mein Tag beginnt nun um 8:30 Uhr. Morgens helfe ich zusammen mit den anderen Freiwilligen der Sozialarbeiterin. Meine Aufgabe ist es dann zum Beispiel die Akten der hier lebenden Jungen  auf Vollstaendigkeit zu ueberpruefen oder am Computer zu vervollstanedigen. Manchmal besuchen wir auch Familien der Kinder, die nach der Schule ins Projekt kommen. Mittwochs gehen der andere deutsche Freiwillige und ich zu den Schulen der hier lebenden Jungen, um uns nach ihren schulischen Leistungen, ihrem Sozialverhalten, ihrer Puenktlichkeit und ihrer Anwesenheit zu erkundigen.
Mittags bereite ich dann zusammen mit den anderen Frewilligen den Essensraum fuer die ca. 70-100 Kinder vor, die nach der Schule zum Essen und zum Hausaufgaben machen kommen. Nach der Essensausgabe betreue ich dann offiziell eine Hausaufgabengruppe. Tatsaechlich sind wir aber oft zu wenig Betreuer, sodass ich auch noch in anderen Gruppen helfen muss, was zum einen durch die Anzahl der Kinder und zum anderen durch die Sprachbarrieren nur bedingt gut moeglich ist.
Am Nachmittag gehen die externen Kinder dann wieder zurueck zu ihren Familien, wobei sie jeden Tag die Hilfe eines Freiwilligen zur Ueberquerung der Hauptstrasse benoetigen. Danach bereitet ein Freiwilliger das “Kaffetrinken” fuer die Jungen vor. Die Kinder, die im Projekt leben brauchen oft noch mehr Zeit um ihre Hausaufgaben zu erledigen. Spaeter treiben wir dann mit den Kindern Sport oder leiten die Kinder zu anderen Aktivitaeten an. Der andere deutsche Freiwillige und ich haben beispielsweise zusammen eine Graffity-AG gegruendet. Die Kinder haben zwar Freude daran, doch koennen sich oft nicht lange konzentrieren oder lassen sich nur kurz motivieren und haben dann keine Lust mehr oder wollen lieber etwas anderes machen. Es ist generell sehr anstrengend mit einer Gruppe von fast 18 Jungen etwas auf die Beine zu stellen.
Nach der AG oder der sportlichen Betaetigung muessen die Jungs sich dann duschen. Als ich anfangs hoerte, dass die Kinder bei Fehlverhalten mit Essensendzug bestraft werden, war ich schokiert, aber mittlerweile weiss ich, dass man wenige Moeglichkeiten hat. So ist es auch beim Duschen. Die Kinder haben keine Lust sich zu duschen, aber die Kinder, die sich nicht duschen, bekommen kein Essen.
Nach dem gemeinsamen Essen organisieren wir dann noch das “Buenas Noches”. Dort sollen die Kinder beispielsweise ihren Tag reflektieren, wir  erstellen Armbaender, gucken einen Film oder bringen ihnen ein wenig Englisch oder Deutsch bei. Manchmal muessen die Jungs auch noch abends Hausaufgaben erledigen.
Um 22 Uhr endet dann mein Arbeitstag, ausser die Kinder muessen laenger als geplant Hausaufgaben machen oder der Film dauert laenger, dann kann mein Tag auch mal bis um 22:30 dauern.
Ab dieser Woche habe ich jedoch an zwei Morgenden frei, weil ich sonst zu viele Stunden arbeite. Normalerweise sollte ich zwischen 30 und 40 Stunden und nicht mehr als 8 Stunden pro Tag arbeiten. Deswegen wird sich wahrscheinlich auch noch mehr an meinen Arbeitszeiten aendern.

Die langen Arbeitszeiten und die Arbeit mit den Jugendlichen sind sehr anstrengend. Es ist dabei schade und demotivierend, dass wir fuer unsere Arbeit wenig Anerkennung, beispielsweise des Chefs, bekommen. Andererseits wird viel bemaengelt, wenn etwas nicht optimal laeuft.
Generell haben wir sehr viel Verantwortung fuer die Jugendlichen und sind oft mit ihnen alleine, was zur Folge hat, dass wir die komplette Verantwortung fuer 18 eigenwillige Jugendliche tragen.
Oft fehlt es an der Unterstuetzung von ausgebildeten und erfahrenen Personal und die Freiwilligen uebernehmen die Aufgaben, die eigentlich Hauptangestellte uebernehmen muessten.

Dadurch, dass wir im Projekt und auf dem Land leben ist es sehr schwierig, abgesehen vom Wochenende, Abstand vom Projekt zu bekommen. Die Jungen interessiert es naemlich nicht besonders, wann wir frei haben und wann wir arbeiten. Sie klopfen staendig an unsere Tuer.
Aus diesem Grund ist eine raeumliche Trennung vom Projekt und von der Freizeit in diesem Projekt empfehlenswert.

Auch meine Rolle als einzige Frau, die in  einem engen Kontakt, zum einen durch die Lebenssituation und zum anderen durch die langen Arbeitszeiten zu den Jungen steht ist sehr ambivalent zu betrachten. Auf der einen Seite ist es meiner Meinung nach sehr wichtig fuer Die Jugendlichen eine Art Mutterfigur zu haben, auf der anderen Seite kann ich nicht die Mutter von 18 Jugendlichen Jungen ersetzen. Ausserdem machen die Jungen oft zweideutige Kommentare und suchen meine koerperliche Naehe.
Vielleicht ist diese Projekt eher fuer maennliche Freiwillige geeignet. Auch ein wenig mehr Lebenserfahrung oder eine bereits abgeschlossene Berufsausbildung wuerde mir glaube ich in manchen Situationen weiterhelfen.
 
Als ich mich vor meiner Ausreise naeher mit dem Projekt beschaeftigt habe und mehr Informationen von den Freiwilligen erhalten habe, die damals noch hier im Projekt lebten hatte ich die Vorstellung von Kindern, die hier leben, weil sie keine Familie haben. Tatsaechlich haben aber fast alle Kinder hier eine Familie und leben hier auf der Farm, weil sie Probleme mit ihren Familien haben. Viele Kinder sind sehr agressiv und die hier herrschende Gewalt hat mich am Anfang ziemlich schockiert.
Das Problem ist dabei, dass es ziemlich schwierig ist eine gute Beziehung zu den Kindern aufzubauen, die auf Respekt basiert.

Meine Vorbereitungszeit hat mir teilweise geholfen. Zum Beispiel hatte ein Junge ein Armband mit einem Harkenkreutz gekauft, weil es ihm einfach gut gefiehl, ohne die Hintergruende zu kennen. Bei den Erklaerungen zur Bedeutung kam natuerlich die Geschichte Deutschlands zur Sprache. Obwohl ich mir vorher dessen bewusst war, dass das Thema mich hier im Ausland konfrontieren wuerde fuehlte ich mich persoenlich beschaemt, war aber trotzdem froh, dass dieses Thema vorher beim Vorbereitungsseminar bereits angesprochen und diskutiert wurde.

Alles in allem gibt es hier gerade zwar interne Probleme in meinem Projekt und ich bin deswegen nicht immer gluecklich damit, jedoch bin ich gluecklich, dass ich vor ueber einem Jahr die Entscheidung getroffen habe einen Freiwilligendienst im Sinne eines Lerndienstes zu leisten, denn ich glaube hier schon sehr viel fuer mein weiteres Leben gelernt zu haben!

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen